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Dem Wort Gottes verpflichtet

Archiv der AltmünsterkirchengemeindeFühere Ostfassade der Altmünsterkirche vor der Zerstörung im 2. Weltkrieg

Am 7. Februar 1960 wurde die im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörte Altmünsterkirche in Mainz wieder eingeweiht. Mit einem Festgottesdienst unter Mitwirkung von Propst Dr. Klaus-Volker Schütz feiert die Gemeinde ihr 60-jähriges Kirchenjubiläum am Sonntag, 16. Februar, um 10 Uhr und lädt zum kollektiven Erinnern ein.

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Sie ist nicht einfach zu finden, die Altmünsterkirche am Fuß des Kästrichs. Liegt sie doch inmitten eines dichten Häusermeeres. Die beiden schlichten Kirchtürme werden von einem benachbarten Hochhaus überragt, massive Wohnblöcke lassen der weißen Kirche mit dem auffälligen Faltdach wenig Raum. Das war nicht immer so. „Früher war die Kirche gut zu sehen. Es gab eine große freie Fläche davor, die teilweise zum Parken genutzt wurde“, erinnert sich der 81-jährige Eberhard Volk, der mehr als 50 Jahre Orgel in der Gemeinde spielte sowie die Altmünsterkantorei leitete, und zeigt auf historische Aufnahmen. Eine Bildpräsentation lässt die wechselvolle Geschichte von Altmünster wiederaufleben. Neben einem erklärenden Flyer mit historischen Fotos wird sie am Jubiläumstag die Erinnerungen von Zeitzeugen wachrufen und zum Erzählen animieren.

Blick in die Historie

Einst war die Altmünsterkirche Bestandteil des um 700 gegründeten Altmünsterklosters. 1802 wurde sie der im gleichen Jahr gegründeten evangelischen Religionsgemeinschaft Mainz überlassen. Später nutzte man das Gebäude als Lazarett, ab 1895 als evangelische Garnisonspredigtstätte und von 1918 bis 1930 als französische katholische Garnisonskirche. 1931 wurde Altmünster die dritte Mainzer Gemeindekirche. Am 21. September 1944 brannte sie nach einem Bombardement völlig aus. Nachdem 1951 ein Notdach errichtet worden war, zog die Gemeinde eine zusätzliche Zwischendecke ein. Dadurch entstanden im unteren Geschoss der vorläufigen Gottesdienststätte Räume für die Gemeinde. Später fand hier die evangelische Kindertagesstätte eine neue Heimat.

Grundlegende Neuausrichtung 

Ihre heutige Gestalt verdankt Altmünster jedoch Baurat Heinrich Otto Vogel. Von 1958 bis 1960 gestaltete er das Gotteshaus grundlegend neu. Wer den Vorgängerbau kannte, sah nach dem Wiederaufbau schnell, dass kaum noch etwas an ihn erinnerte. Zwei markante Türme waren geblieben, doch sonst war vieles im schlichten Stil der neuen Zeit gestaltet.
Eine der grundlegendsten Änderungen Vogels war die Neuausrichtung der Kirche nach Osten. Der neue Eingang lag somit im Westen, in der etwas höher gelegenen Walpodenstraße. Dadurch ließen sich Gottesdienstraum und Foyer nahezu ebenerdig erreichen und sind heute barrierefrei zugänglich. Das ausgeprägte Eingangsportal aus der Spätrenaissance an der Ostfassade wurde abgebrochen, nur eine kleine Tür erinnert heute an dieser Stelle noch an das ehemalige Portal. Das steile Satteldach des Vorgängerbaus ersetzte der Architekt durch ein markantes Faltdach.

Dem Wort Gottes verpflichtet

Auch im Inneren atmet die Altmünsterkirche den Zeitgeist der 1950er Jahre. Massive, gegliederte Betonpfeiler stützen das einem Industriedach ähnelnde Faltwerk. Während die Fassade in schlichtem Weiß gehalten ist, umgeben unverputzte Ziegelwände den Innenraum, der sich fast ohne Bauschmuck präsentiert. „Mit der strengen Ausrichtung des gesamten Gebäudes hat Vogel versucht, eine Sprechkirche zu errichten, die dem Wort Gottes verpflichtet ist. Ihm ging es vor allem um die Verkündigung, ganz ohne Kulturprotestantismus“, erklärt Pfarrer Hendrik Maskus und verweist auf die sehr trockene Akustik im Kirchsaal. Ein Blickpunkt sind die bunt verglasten Fenster des Mainzer Künstlers Alois Plum, von denen zwei kleinere den oberen Altarraum und eine größere Bilhildis-Wandzeichnung das Eingangsfoyer schmücken.

Kirche und Kita unter einem Dach

Steht man außen vor der Doppelturmfassade, vermutet man den Kirchraum hinter sieben auffallenden Bogenfenstern. Doch dahinter liegt, unterhalb des Kirchsaals, ein Gruppenraum der gemeindeeigenen Kita. „Wir haben den einzigen Kindergarten in Mainz, der Kirchenfester in einem Gruppenraum vorweisen kann“, sagt Hendrik Maskus schmunzelnd. Eine kürzlich beim Renovieren gefundene Bemalung an zwei Betonstützen in diesem Bereich zeugt noch aus der Zeit kurz nach Errichtung der Zwischendecke. Der Pfarrer ergänzt: „Die nach dem Krieg eingezogene Zwischendecke ermöglicht es, dass unsere Kita und unsere Kirche auch wirklich unter einem einzigen Dach sind.“ 60 Kinder aus unterschiedlichen Nationen werden in der dreigruppigen Einrichtung miteinander groß. „Sie ist ein wichtiger Baustein des Gebäudes und der Gemeinde“, macht der Seelsorger deutlich.

Orgeln im Osten und Westen

Gleich zwei Orgeln besitzt die Gemeinde. Im Altarbereich steht die ehemalige Chororgel der Christuskirche. Diese stand zunächst auf der Orgelempore, er selbst habe etwa 30 Jahre darauf gespielt, erzählt Prof. Eberhard Volk. Der 81-Jährige war von 1961 bis 2018 Kantor der Gemeinde. Die größere Oberlingerorgel wurde 1986 für die Mainzer Hochschule für Musik erbaut und 2008 auf der Empore aufgestellt. Noch heute kommen Studierende regelmäßig in die Kirche, um darauf zu üben.

Besonderes im Jubiläumsjahr

Mit einem Festgottesdienst feiert die Gemeinde ihr 60-jähriges Kirchenjubiläum am Sonntag, 16. Februar, um 10 Uhr in der Altmünsterkirche, Münsterstraße 25 (Eingang von der Walpodenstraße). Die Predigt übernimmt Propst Dr. Klaus-Volker Schütz, Moritz Krotz und Rhein-Main-Brass sorgt für den musikalischen Rahmen. Die Kollekte für Aufgaben der Altmünster-Gemeinde.

Gemeinsam mit der Pfarrei St. Stephan veranstaltet die Gemeinde am 5. Juli ein Sommerfest – wie seit vielen Jahren ökumenisch. Zu diesem Fest wird ein neuer Kirchenführer herausgebracht. „Es ist gut, das Gebäude nach 60 Jahren architekturhistorisch neu zu betrachten“, sagt Hendrik Maskus. Und erzählt davon, dass das Gotteshaus in frühere Festschriften eher negativ bewertet worden sei. Heute sehe man es mit anderen Augen. Inzwischen habe man erkannt, dass der Kirchbau und dessen durchdachte Konzeption einen Wert darstelle. Das etwa 60 Seiten starke postkartengroße Buch wird im Dreiviertelhaus-Verlag Berlin erscheinen, informiert Herausgeber Christian George Mitglied des Kirchenvorstands der Altmünsterkirchengemeinde.

Neben den beiden großen Festen wird es eine Filmreihe geben. Auf eine weitere besondere Veranstaltungsreihe weist der Theologe hin: Lieder der 1970er, 1980er und weiterer Jahrzehnte werden mit Liedpredigten in den Mittelpunkt besonderer Gottesdienste gestellt. „Dadurch möchten wir zusätzlich aufzeigen, was in der Kirchenmusik in den letzten 60 Jahren passiert ist.“

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