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"Demokratie schützen"

Am Wochenende mehr als 10.000 Menschen in Mainz zusammen gekommen, um gegen die Ideologie der Neuen Rechten protestiert und für eine weltoffene, tolerante und demokratische Gesellschaft zu werben. Auch Dekan Andreas Klodt sprach und erklärte, dass Gott dem Menschen nicht mehr als 100 Billionen Synapsen gegeben haben, um über Remigration zu schwurbeln, sondern um gemeinsam darüber nachzudenken, was für ein Gemeinwesen wir sein wollen.

Rede von Dekan Andreas Klodt, zur Kundgebung gegebn Rechts am 3.2.2024

Nie wieder. In Mainz wurde dieses „Nie wieder“ zum ersten Mal vor 222 Jahren gesprochen. Als vor 222 Jahren eine evangelische Gemeinde in unserer Stadt gegründet wurde, da hieß es: „Nie wieder soll Intoleranz einen Platz an den Ufern des Rheins haben.“

Dieser Tag heute fragt uns: Haben wir Platz für ganz verschiedene Menschen? Haben wir Platz auch für die, die uns fremd sind?

In der Bibel lese ich: Bei Gott ist kein Ansehen der Person. Alle Menschen sind gleich wichtig. Sie sind alle gleicher Würde und gleicher Rechte. Wir können unsere Würde nur bewahren, wenn wir die Würde der anderen achten und schützen. Was wir nur für uns selbst bewahren wollen, das wird nicht bestehen. Wo nur Platz für bestimmte Menschen sein soll, da ist für die Demokratie bald kein Platz mehr.

Doch jetzt sind wir hier auf diesem Platz.

Am Samstagmittag. Statt zu essen oder einzukaufen oder auszuruhen.

Wir stehen auf diesem Platz, damit wir einstehen für Demokratie und nicht schweigen.

Damit wir einstehen für den Rechtsstaat und für Respekt und Toleranz.

Damit wir einstehen für die Menschenwürde und die ausgestreckte Hand.

Das lasst uns versuchen und das lasst uns üben.

Damit das Zusammenleben gelingt, hat jeder Mensch in seinem Kopf 100 Billionen Synapsen. Das ist eine unglaublich große Zahl mit 14 Nullen. Es überfordert meine Rechenkünste auszurechnen, wie viele Synapsen hier auf diesem Platz jetzt zusammen sind. Diese Synapsen hat uns der liebe Gott nicht gegeben, um über Remigration zu schwurbeln. Diese Synapsen hat er uns gegeben, damit wir gemeinsam darüber nachdenken, was für ein Gemeinwesen wir sein wollen.

So vieles mag uns dabei in diesem Augenblick mit Blick auf unsere Welt durch den Kopf gehen. Stellvertretend für unsere Stadt nenne ich:

Keine 1000 Meter von hier steht die neue Mainzer Synagoge. Es möge der Tag kommen, an dem sie keinen Polizeischutz mehr braucht und die Türen einfach offenstehen.

Viele ukrainische Stimmen sind in unserer Stadt zu hören. Es möge der Tag kommen, an dem es für die Ukraine wieder sichere Grenzen und Frieden gibt.

So viel haben wir alle miteinander zu besprechen. Dazu gehören auch unsere Probleme. Dazu gehören auch die Sorgen um die Zukunft unserer Erde. Ja, es ist kompliziert. Aber wir müssen darüber miteinander sprechen, damit unsere Stadt und unser Land und unsere Welt ein würdiger, ein menschlicher, ein gastfreundlicher Platz werden. Ein Platz, an dem keiner verloren geht oder ausgegrenzt wird. E schee Plätzje, würden die Mainzerinnen und Mainzer sagen. Und schon heute dürfen wir wissen: Dass wir hier in Mainz und überall in Deutschland für Menschlichkeit und Menschenwürde einstehen, das wiegt schwerer und zählt mehr als alle Treffen in einer Potsdamer Villa.

Hier stehen wir. Hier ist unser Platz. Wenn Ihr nachher nach Hause geht, dann erinnert Euch an das, wofür Ihr hier gestanden habt. Und wenn Ihr später zuhause seid, dann erzählt auch denen, die jetzt nicht hier sind, von dem, was Euch wichtig ist. Demokratie muss geteilt werden. Demokratie muss gelebt werden. Und nie wieder soll Intoleranz einen Platz an den Ufern des Rheins haben. Macht Platz für Menschlichkeit!

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