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Momente des inneren Aufatmens

Hilke WiegersUniversitätsgottesdienst

Es war ein ungewöhnlicher Universitätsgottesdienst in der Mainzer Christuskirche an diesem 1. Advent 2020 – ungewöhnlich kurz, aber in seiner Kürze auch ungewöhnlich eindringlich. Es schien so, als ob die Gottesdienstbesucher*innen jeden Ton aber auch jedes Wort dieses, wie immer von hochkarätiger Musik begleiteten, Gottesdienstes besonders konzentriert in sich aufnahmen.

Hochkarätige Musik zur adventlichen Einstimmung

Manch‘ eine bzw. einer war gekommen um die Virtuosität des renommierten Organisten Prof. Hans-Joachim Bartsch zu genießen, der u. a. die Fuga sopra il Magnificat von Johann Sebastian Bach spielte. Andere wiederum ließen sich von den Klängen der Bach-Kantate „Nun komm, der Heiden Heiland“ vorweihnachtlich einstimmen, vorgetragen von dem Bachorchester Mainz unter Leitung von Prof. Ralf Otto und den Solisten Hannah-Dorothea Nollert (Sopran), Melanie Leising (Alt), Fabian Kelly (Tenor) und Florian Rosskopp (Bass). Und schließlich war da noch die Predigt von Prof. Dr. Kristian Fechtner als Universitätsprediger der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, mit der der Theologe seinen ZuhörerInnen Momente des inneren Aufatmens verschaffte.

Ein verkürzter Gottesdienst unter Corona-Bedingungen

„Wir gestalten diesen Gottesdienst so, wie man Gottesdienste unter diesen Bedingungen gestalten kann“, hatte der Universitätsprediger Fechtner zu Beginn des Gottesdienstes angekündigt. Was letztlich bedeutete, dass nicht nur die Zahl der GottesdienstbesucherInnen auf 70 begrenzt war, sondern auch hieß, dass allen Beteiligten nur ein Zeitraum von 45 Minuten blieb. Und diese Dreiviertelstunde musste auf gewohnt hohem Niveau gefüllt werden. Um so schöner war es zu erleben, wie gut dies auch in dieser Kürze gelang. Erhebende Musik – von allen als kurze Flucht aus den Corona-bedingten Zwängen des Alltags erlebt – und eine klare, die Menschen erreichend Predigt.

Das Warten hinterlässt ein Gefühl der verlorenen Zeit

In dieser Predigt unterschied der Theologe Fechtner die Begriffe des Wartens, des Abwartens und des Erwartens. Das Warten, so Prof. Fechtner, das angesichts von Corona derzeit zu unseren grundlegenden Herausforderungen gehöre, fühle sich wie verlorene, ja gestohlene Zeit an. Es sei keine leichte Übung und mache die Menschen nicht selten, gereizt, unwillig „und wenn es tiefer geht auch existenziell beunruhigt.“ Als Wartender fühle man sich ausgeliefert. Einen Schritt weiter komme man aber, „wenn es gelingt, sich als Abwartender zu sehen, denn dann bringe ich mich selbst in Spiel, dann entscheide ich selbst, lasse mir Zeit und mache mir die Situation zu eigen.“

Die adventliche Erwartung als Kraftspender

Ein Drittes sei dann die adventliche Erwartung, denn hier gäbe es keine Warteschlange, die über einen verhängt werde. „Advent heißt in Erwartung sein, genauer noch: in Erwartung bleiben“, so der Mainzer Theologe. „Ich verknüpfe mich innerlich mit dem, was ich erwarte.“ Zwar benötige man auch als Erwartender Geduld, aber da sei noch etwas Drängendes, Vitales, nämlich die Ankunft des Heilands, mit verknüpft. „Und so versetzt uns der Advent in eine Erwartung, die uns hindurch führt durch ziemlich anstrengende Zeiten und uns gleichzeitig auch hinaus führt über all das, was uns das Herz eng macht, sodass wir etwas spüren von der Lebenskraft, die uns trägt und uns Mut gibt in einer Zeit, in der wir ziemlich verzagt sind.“


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