Liederwerkstatt
Fantasie-Tankstelle für Text und Melodie

13.05.2025
jdiel
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Die Idee dahinter beschreibt Dekanatskantor Arno Krokenberger so: Wie oft singen Kinder eigentlich Lieder, die von Erwachsenen geschrieben wurden? Bewusst wird nun der Spieß umgedreht: In der Liederwerkstatt schreiben Kinder und Jugendliche ihre eigenen Songs – und die Erwachsenen dürfen mitsingen. Gemeinsam mit Musiktheatervermittlerin Rebekka Gebert leitet er das Projekt künstlerisch, für das beide auch die Konzeption entwickelten.
Auf der Bühne präsentierten die Kinder Titel, die sie selbst geschrieben haben. Dazu spielte Rebekka Gebert auf der Violine, Arno Krokenberger begleitete Chor und Publikum am Keyboard. Mit einem Liederheft ausgestattet, konnten alle mitmachen. Auch wer keine Texte und Noten lesen konnte, wurde angeleitet und aktiv mit einbezogen, etwa beim Baustellen-Lied. „Ich hab nen Fantasietank“, hieß es in einem anderen Song mit Ohrwurm-Charakter, in den viele begeistert mit einstimmten.
Seit Oktober 2024 treffen sie sich regelmäßig mit der Gruppe junger Leute, ob in Räumen der Kirche oder auf Probebühnen, um zusammen Lieder zu erfinden. Dafür sammeln sie Ideen, bringen Gedanken und Gefühle mit ein, improvisieren Szenen und probieren dazu spielerisch Melodien. So ist eine ganze Sammlung an Liedern entstanden, die nicht nur Spaß machen beim Singen, sondern auch mit Tiefgang berühren. „Kinder sind Experten in eigener Sache“, betont Arno Krokenberger, der seit einem Jahr Dekanatskantor in Mainz und auch selbst Vater ist. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie reflektiert Kinder soziale Themen wahrnehmen, sieht er wie auch Rebekka Gebert im Lied „Manchmal hätt´ ich gern einen Anzug“. Dieser soll nicht nur glitzern und wunderschön aussehen, vielmehr soll er auch als Schutzschild dienen. Böse Worte, so wird darin beschrieben, können daran abprallen, damit sie nicht beleidigend ins Herz treffen.
Berührt ist das Leitungsteam von dem, was Kinder schon im Grundschulalter beschäftigt, wie dringlich einige Fragen und Appelle sind und welches Potential darin steckt. Daher möchten sie ihnen nicht nur eine Bühne geben, sondern auch zuhören. Ob im kirchlichen Kontext oder im Theater: Der Austausch sei wichtig, um miteinander in Resonanz zu gehen. Statt von fertigen Inhalten lebt das offene Konzept der Liederwerkstatt daher vom Mitgestalten und dem Mut, sich auf Prozesse einzulassen, zu schauen, was sich entwickelt, auf kreative Weise. Dass Kinder hier Geschichten spinnen, ausprobieren und Zeit verlieren können, wird beschrieben im Lied zum Geburtstag von justmainz: als Liebeserklärung an das Theater als Ort, der es ermöglicht, Dinge anders zu sehen und sich gut zu verstehen. Zuvor hatte die Gruppe auch schon einen Familiengottesdienst gestaltet. Nun wünschen sich Arno Krokenberger und Rebekka Gebert, das Projekt auch an andere Orte zu tragen. „Tragt die Lieder hinaus in die Welt“, luden sie am Ende des Konzerts junge Leute ein. Denn auch die nächste Generation hat viel zu sagen.
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