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„Freiheit und Verantwortung“

Juliane DielDr. Birgit Pfeiffer vor ihrer langjährigen Wirkungsstätte - dem Haus der Evangelischen Kirche an der Mainzer Kaiserstraße.

Zusammen mit dem Dekan repräsentierte Dr. Birgit Pfeiffer 18 Jahre lang das evangelische Mainz in der Öffentlichkeit. Nun gab sie dieses Ehrenamt als Präses an ihren Nachfolger Dr. Klaus Rudolf weiter und schaute dankbar zurück auf das gemeinsam Erreichte.

„Evangelische Kirche erlebe ich als sehr offen, bunt und menschenfreundlich“, sagt Dr. Birgit Pfeiffer. Dies und mehr sind für sie gute Gründe, sich ehrenamtlich zu engagieren. Einen persönlichen Zugang zu Gott zu haben, Vergebung zu erfahren und Fehler machen zu dürfen gebe ihr die die Freiheit, auch selbst Verantwortung zu übernehmen. Begonnen hatte ihr Engagement in der Kirche schon lange vor ihrem Amt als Vorsitzende im Evangelischen Dekanat Mainz. Seit ihrer Konfirmation betreute sie Angebote für Jugendliche in ihrer Heimatgemeinde. Noch vor ihrem Medizinstudium absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem evangelischen Kinderdorf im Allgäu. „Dort habe ich sehr viel fürs Leben gelernt“, schaut sie gern zurück. Nach dem Studium und dem Berufseinstieg setze sie ihr Ehrenamt erst in der Familienphase wieder fort.

Ehrenamt mit viel Verantwortung

Aus Freiburg kam sie 1991 mit ihrer Familie nach Mainz. Beruflich war die 60-Jährige viele Jahre als Ärztin im Medizin-Controlling tätig, nun ist sie Gleichstellungsbeauftragte an der Universitätsmedizin. In ihrer Melanchthon-Kirchengemeinde ist sie seit langem im Kirchenvorstand. Als dreifache Mutter waren und sind ihr die evangelischen Kindertagesstätten wichtig, Familien in dieser Phase zu unterstützen versteht sie als wichtigen Dienst an der Gesellschaft. Früh setzte sie sich für eine evangelische Trägerkonferenz in Mainz ein, um die Zusammenarbeit der Kirchengemeinden zu fördern. Im Dekanatssynodalvorstand, der aus Haupt- und Ehrenamtlichen besteht, hatte Birgit Pfeiffer zunächst den stellvertretenden Vorsitz inne. 2004 übernahm sie von Hubertus von Kluge die Leitung des regionalen Kirchenparlaments und dem Vorsitz im Vorstand. Ein mutiger Schritt neben Beruf und Familie, auf den fast zwei Jahrzehnte mit anspruchsvollen Aufgaben folgen sollten.

„Präses ist ein Ehrenamt mit viel Verantwortung“, betont Birgit Pfeiffer und gibt einen Einblick in die vielfältigen Tätigkeiten. Eine ihrer Hauptaufgaben war es, die Sitzungen der Dekanatssynode und ihres Vorstandes zu leiten, mit entsprechenden Vor- und Nachbereitungen. Zudem war sie für die Geschäftsführung des Dekanatssynodalvorstandes verantwortlich, was mit einer Führungsposition in einem mittelgroßen Unternehmen vergleichbar sei. Dazu gehörte auch die Rolle als Dienstvorgesetzte für nicht-ordinierten Mitarbeitende. „Generell ist ein Dekanat mehr als die Summe der Gemeinden“, verdeutlicht sie mit Blick auf die vielfältigen Einrichtungen des Dekanates. Die evangelische Familien- und Erwachsenenbildung fiel dabei zeitweise in ihren Zuständigkeitsbereich wie auch die Evangelische Psychologische Beratungsstelle und die Gesellschaftliche Verantwortung – wichtige kirchliche Angebote, die allen Interessierten offenstehen und sehr gefragt sind.

"Sahnehäubchen" und Stunden am Schreibtisch

Zusammengearbeitet hat Birgit Pfeiffer in ihrer langen Amtszeit mit vier Dekanen: Wolfgang Drewello, Jens Böhm, Stefan Müller-Kracht und Andreas Klodt.  Ehrenamtliche sind in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau auch auf der Mittleren Ebene in Leitungsfunktion– für sie ein Beispiel dafür, dass in der evangelischen Kirche das „Priestertum aller Getauften“ gelebt wird. Das Dekanat öffentlich zu repräsentieren, auch mit persönlichen Grußworten, waren für sie schöne und wichtige Anlässe, als Christin erkennbar zu sein. Doch auch ungezählte Stunden am Schreibtisch und auf Sitzungen kamen für sie als Präses mit hinzu. „Manche Projekte brauchten wirklich langen Atem“, erinnert sie sich zum Beispiel an die zehn Jahre zwischen Idee und Umsetzung bei der Entwicklung des Integrativen Wohnprojektes An den Reben in Gonsenheim, bei dem aus dem Grundstückserlös eine nachhaltige Stiftung errichtet werden konnte. Nicht alles sei gelungen, etwa die Sozialstation als evangelischen Pflegedienst erhalten zu können. Besonders am Herzen liegen Pfeiffer ökumenische Initiativen. Die Zusammenarbeit beider großer Kirchen zu stärken und gemeinsam in der Landeshauptstadt zu wirken, war eines ihrer Anliegen. Auf ihre Initiative treffen sich die Ökumenebeauftragten und wird seit 2011 alle zwei Jahre der Ökumene-Preis an herausragende ökumenische Projekte vergeben.

Pfeiffer wirkt in vielen Bereichen weiter

Nach drei Amtszeiten als Vorsitzende und insgesamt 21 Jahren im Vorstand kandidierte sie 2022 nicht mehr für dieses Amt. Die Sitzungsglocke hat sie schon symbolisch übergeben, nun bereitet sie in ihrem Büro im Haus der Kirche alles für ihren Nachfolger vor. Das Dekanat Mainz vertritt sie weiter in der Landessynode. In Zeiten der Veränderungen möchte sie dort die Rahmenbedingungen für die Kirche der Zukunft mitgestalten. Wichtig sei die stärkere Ausrichtung kirchlicher Arbeit ins Gemeinwesen und an den Bedürfnissen der Kirchenmitglieder unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede. Die Ausschüsse der Kirchensynode arbeiten derzeit sehr intensiv daran, über diese Rahmenbedingungen zu entscheiden. „Auch die Diakonie liegt mir sehr am Herzen“, berichtet sie; hier hat sie ebenfalls Verantwortung auf Landeskirchenebene. Zudem bleibt Birgit Pfeiffer in der Melanchthon-Gemeinde aktiv und unterstützt weitere kirchliche Projekte, etwa im Freundeskreis für den Alten Dom St. Johannis.

Neue Energie für all diese Aufgaben geben ihr vor allem ihr Glaube und gute Begegnungen mit Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche. Groß ist ihre Hoffnung, dass künftig wieder mehr persönliche Zusammentreffen möglich sind. Doch interessante Veranstaltungen gebe es aktuell auch online, etwa digitale Kursangebote zu spannenden Themen. Um Neues zu Lernen biete kirchliches Ehrenamt viele Chancen, findet Birgit Pfeiffer, sie profitiere auch selbst viel davon. Auch wenn der Trend im Ehrenamt aktuell eher hin zu kurzfristigem, projektbezogenem Einsatz gehe, sei weiterhin auch langfristiges Engagement gefragt, um in der Kirche etwas gemeinsam zu bewegen.

Offizielle Verabschiedung

Ein feierlicher Gottesdienst mit ihrer Verabschiedung ist für den 4. Mai um 18 Uhr in der Altmünsterkirche geplant.

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