Ökumene, Improvisation und Musik

11.04.2025
jdiel
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Ordiniert wurde Truschel 1990 in Taunusstein. Zunächst zog es ihn in den ländlichen Raum, nach Niedernhausen im Odenwald, wo er als Pfarrer eine kleine Gemeinde mit sieben Dörfern leitete. „Das war für mich eine ganz wichtige Zeit – ich habe dort Kontakte geknüpft, die bis heute bestehen“, erinnert er sich. Ein Beispiel dafür ist der Posaunenchor aus Niedernhausen, der noch kürzlich in Mainz einen Gottesdienst im Alten Dom mitgestaltete. Von dort aus führte ihn sein Weg nach Büdingen, wo er 13 Jahre lang das Pfarramt übernahm und das lebendige Gemeindeleben in einer großen, dynamischen Kirchengemeinde mit zahlreichen ehrenamtlichen Helfer*innen kennenlernte.
2015 wechselte er zur Johanniskirchengemeinde in Mainz. „Ich wollte ein neues Umfeld kennenlernen“, erklärt Truschel, der sich von den archäologischen Funden in der Johanniskirche und der Frage, wie man „Gemeindekirche“ in diesem Kontext gestalten kann, angezogen fühlte. Die Gemeinde konnte ihre Kirche wegen Ausgrabungen lange nicht nutzen. Doch in dieser schwierigen Phase zeigte sich die ökumenische Verbundenheit, die Truschel besonders schätzte. „Das Bistum stellte uns die Augustinerkirche für die sonntäglichen Gottesdienste zur Verfügung. Räume des Priesterseminars dienten als Kirchencafé und Sitzungen des Kirchenvorstands konnten wir im Pfarrsaal der Domgemeinde abhalten. Diese nachbarschaftliche Geste war von unschätzbarem Wert“, sagt er dankbar. Die ökumenische Zusammenarbeit spiegelte sich auch in der Gemeinschaft wider. Gemeinsame Gemeindefeste, Vorträge und Seniorennachmittage wurden organisiert.
Trotz aller Herausforderungen lobte er den Zusammenhalt des Kirchenvorstands: „Jeder packte mit an. Wir trugen Gesangbücher hin und her, rückten Stühle, organisierten den Küsterdienst bis zum heutigen Tag und standen bei Veranstaltungen im Alten Dom hilfreich zur Seite. Immer wieder musste improvisiert werden. Das hatte diesen kleinen aber aktiven Kirchenvorstand ausgemacht. Wir stellten uns immer wieder auf neue Situationen ein.“ Die After-Work-Vespern, bei denen eine feste Gemeinschaft freitags ein Abendlob mit Abendmahl feierte, waren für Truschel ein Höhepunkt seines Wirkens.
Truschel freut sich über die Entwicklung des Alten Doms von einer Grabungsstätte zu einer lebendigen Kirche. Die Baustelle, die durch archäologische Ausgrabungen immer wieder neue Funde zutage brachte, wurde mit Leben gefüllt. Das Dekanat organisierte dort Veranstaltungen, Ausstellungen und Aktionen, während die Gemeinde die Räume mit Kirchenmusik und vielfältigen Gottesdienstformen füllte. „Der Alte Dom ist als "Baustellenkirche" noch unvollkommen, aber durch die vielen Akteure ein Magnet in der Innenstadt geworden. Darauf können wir alle stolz sein“, sagt Truschel zufrieden.
Seit Beginn des Jahres ist die Gemeinde Teil der fusionierten Evangelischen Gemeinde Mainz Innenstadt. Der Bündelung der Kräfte angesichts des Mitgliederverlustes sieht Truschel als sinnvoll an und setzt in seinen Augen Energien frei, um näher bei den Bedürfnissen der Menschen zu sein.
Neben seiner Arbeit als Pfarrer fand und findet Volker Truschel Ausgleich in der Musik. Als leidenschaftlicher Musiker spielt er zahlreiche Instrumente – von der Posaune über Klavier und Orgel bis hin zum schottischen Dudelsack und verschiedenen mittelalterlichen Instrumenten. Auch in der Johanniskantorei singt er mit. „Meine Liebe gehört der Musik, dem Gottesdienst und der Liturgie – alles ist eng miteinander verflochten und eröffnet neue Zugänge“, erklärt er. Im Ruhestand möchte er sich stärker der Musik widmen, neue Stücke komponieren. Seine neue Wohnung in Dienheim, mit Blick auf die Katharinenkirche, bietet ihm eine gute Basis, um zusammen mit seiner Ehefrau Heike zur Ruhe kommen, Inspiration finden und mit den Motorrädern schöne Touren unternehmen.
Verabschiedung
Am Ostermontag um 14 Uhr wird Volker Truschel in der Dreikönigskapelle (Maria-Ward-Kapelle) von Pröpstin Henriette Crüwell verabschiedet. Der offizielle Entpflichtungsgottesdienst ist dabei nur ein Teil. Um 18 Uhr feiert er gemeinsam mit Domkapitular Franz-Rudolf Weinert eine letzte ökumenische Vesper im Alten Dom, die zeigt, wie sehr ihm die Verbundenheit über kirchliche Grenzen hinweg am Herzen liegt.
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